100 Jahre Krankenhaus München

(30.11.2016)

Mit einem Gottesdienst und einem Festakt feierte das Münchner Krankenhaus Barmherzige Brüder am 30. November sein 100-jähriges Bestehen. Gäste waren unter anderem Kardinal Reinhard Marx, Generalprior Pater Jesús Etayo, Gesundheitsministerin Melanie Huml und Herzog Franz von Bayern.

Schloss Nymphenburg, Hubertussaal, 30. November 2016, 13.30 Uhr. Moderatorin Anouschka Horn vom BR Fernsehen fasst am Ende des Festakts die vergangenen Stunden so zusammen: Hier wurde die 100-jährige Geschichte des Münchner Krankenhauses Barmherzige Brüder „zum Leuchten gebracht". Applaus bei den über 200 Festgästen.

Beim Festgottesdienst in der Krankenhauskirche hatte der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, „Vergelt's Gott" bei den Barmherzigen Brüdern gesagt für „ihre Phantasie, ihre Kreativität, ihren Willen, Neues zu versuchen und voranzugehen". Ein Krankenhaus müsse ein Zeichen des Reiches Gottes sein. Gott habe „eine besondere Vorliebe für diejenigen, die leiden, für Arme, Kranke und Sterbende. Gerade für die öffnet sich der Himmel." Dabei gelte: „mission not accomplished" – der Auftrag ist noch nicht erfüllt. Für notwendig hält es der Erzbischof, die Kranken immer in den Mittelpunkt zu stellen, eine höhere Wertschätzung der Pflege zu erreichen, die Seelsorge nicht zu vernachlässigen, einen „besonderen Blick auf Sterbende" zu haben und die Dienstgemeinschaft zu pflegen.

Die größte gemeinsame Leistung von Barmherzigen Brüdern und ihren Mitarbeitern sei es, „das Krankenhaus als Ort der Menschlichkeit zu erhalten". Das sagte Generalprior Pater Jesús Etayo am Ende des Gottesdienstes. Dies gelinge in München, weil hier die Hospiz- und Palliativarbeit sehr wichtig genommen werde. Der Generalprior forderte, ehrenamtliches Engagement noch stärker zu fördern – „zeitliche Zuwendung ist unbezahlbar".

Statt Festreden: Gesprächsrunden auf dem Sofa

Mit „Geist", „Freunde", „Herz" und „Zukunft" waren die Gesprächsrunden beim Festakt überschrieben, die sonst üblichen Grußworte fielen aus. Anouschka Horn moderierte souverän und mit teils kecken Zwischenfragen. So amüsierte das Publikum die Antwort von Provinzial Frater Benedikt Hau auf die Frage, ob das Münchner Krankenhaus ein „Juwel" des Ordens sei. Der Provinzial: „Da muss ich mich vorsichtig ausdrücken." Er tat dies mit den Worten, das Haus sei das älteste Krankenhaus der Bayerischen Ordensprovinz und „ein Juwel in der Corona" (Krone) ...

Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml bekannte: „In einem von einem Orden geführten Haus merkt man einen besonderen Geist." Bei den Barmherzigen Brüdern lässt sich dieser Geist mit dem Wahlspruch des Ordensgründers Johannes von Gott auf den Punkt bringen: „Das Herz befehle" - laut Prior Frater Emerich Steigerwald ein „entscheidender" Wegweiser. Zugleich machte aber Christian Kuhl, Vorsitzender Geschäftsführer des Krankenhausverbunds Barmherzige Brüder klar: „Wir sind auch ein Unternehmen." Gefragt nach den Einsparungen durch Rabatte, die der Krankenhausverbund durch den Zentraleinkauf erhalte, nannte er ein Einkaufsvolumen von rund 50 Millionen Euro pro Jahr, die erzielten Gewinne habe er aber „vergessen". Die Moderatorin entlockte Kuhl auch Persönliches: Nach einem Lateinamerika-Aufenthalt habe es ihn in die Pflege gezogen, mehrere Jahre arbeitete er während des BWL-Studiums in einem Krankenhaus.

Nachdenkliches steuerte Generalrat Frater Rudolf Knopp bei: Zurückgekehrt von einer Reise nach Papua-Neuguinea, wo ihm große Not begegnete, frage er sich schon, „ob wir in Europa Probleme haben". Ob es denn Konflikte gebe zwischen den benachbarten Kliniken Dritter Orden und Barmherzige Brüder, fragte Moderatorin Horn. „Man muss sich ja nicht unnötig Konkurrenz machen", meinte dazu Generaloberin Sr. Irmgard Stallhofer der Schwesternschaft der Krankenfürsorge des Dritten Ordens. Dass die Brüder eine Urologie betreiben, die Schwestern dafür Gynäkologie und Geburtshilfe, habe sich historisch entwickelt. Und beim Wettbewerb um die besten Kräfte in der Pflege? Die beiden Häuser betreiben ja eine gemeinsame Krankenpflegeschule. Dazu die Generaloberin: „Wir haben uns noch nicht in die Haare gekriegt."

Zukunftsaufgabe: Pflegekräfte halten und gewinnen

Allerdings stellte die Münchner Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs fest: „Der Pflegenotstand ist in München angekommen." Deshalb will sie einen Runden Tisch Pflege etablieren. Und die „Zukunft"- Runde mit Geschäftsführerin Dr. Nadine Schmid-Pogarell, Pflegedirektorin Siglinde Haunfelder und Ärztlichem Direktor Franz Brettner betonte: Für die Krankenhausleitung ist es zentral, Pflegekräfte zu halten und zu gewinnen. „Wir wollen ‚best place to work' für Pflegekräfte werden", sagte die Geschäftsführerin.

Schon in der „Herz"-Gesprächsrunde hatte Karin Bültmann, pflegerische Leitung der Intensivstation, engagiert klargemacht, was professionelle Pflege leisten kann, etwa durch Methoden wie Basale Stimulation. Das bestätigte auch dankbar ein Patient, der mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Koma lag. Für ihn wurde ein Patiententagebuch erstellt. Dass sie nach 16 Jahren als Stationsleiterin noch so motiviert ist, führt Karin Bültmann unter anderem darauf zurück, dass Seelsorger Pater Johannes von Avila Neuner nicht nur die Patienten besuche, sondern immer auch für Mitarbeiter ein freundliches Wort habe.

Entscheidend ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Pflege und Medizin. Drei ehemalige Chefärzte – Dr. Rupert Gaedt (Radiologie), Professor Werner Gördes (Orthopädie) und Dr. Clemens Reuter (Chirurgie) – berichteten von ihrer Zeit im Krankenhaus Barmherzige Brüder; auch über ihr Verhältnis zum Orden. Dr. Reuter etwa erzählte von einer ersten Begegnung mit Pater Leodegar Klinger – sein Gedanke damals: „Wenn die alle so sind, muss das ein guter Verein sein." Und wie ist es mit der jetzigen jüngeren Chefarzt-Generation? Als nicht nur hoch kompetent, sondern auch noch „überraschend nett" bezeichnete diese der Ärztliche Direktor Dr. Franz Brettner.

Dass diese Chefärzte zudem musikalisch sind, bewiesen Professor Dr. Christian Rust (Gastroenterologie) und Privatdozent Dr. Johann Spatz (Chirurgie) zu Beginn des Festakts: vierhändig am Klavier mit „Walzern" von Johannes Brahms. Überhaupt die Musik: alles hausgemacht bei diesem Fest, vom Chorgesang bis zum Streichquartett – mehr als 30 Namen waren auf dem Programmzettel verzeichnet. „Ein Haus mit Herz" überschrieb die Süddeutsche Zeitung an diesem Tag einen fast einseitigen Artikel zum Jubiläum. Ja, nicht nur die Sonne strahlte an diesem Tag, da leuchtete mehr.

Johann Singhartinger, Öffentlichkeitsarbeit Provinzialat