Klinik für Urologie

Harnblasenkarzinom - Therapie

Die Therapie von Harnblasenkarzinomen ist durch die unterschiedlichen Tumorausprägungen und deren individuelle Aggressivität sehr unterschiedlich. Die Therapie reicht von einer einfachen Abtragung eines kleinen Tumors über die Harnröhre bis hin zur kompletten Entfernung der Harnblase. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über die Bandbreite der Behandlungen geben, um Ihnen eine gute Grundlage für mögliche Fragen in einem persönlichen Gespräch zu geben.

Neue Therapieverfahren beim Harnblasenkarzinom

En bloc Resektion von Harnblasentumoren

Wir verfügen bereits über eine sehr große Erfahrung bei der neuen En-bloc Resektionstechnik von Harnblasentumoren. Entsprechende Informationen und Publikationen aus unserer Klinik finden Sie unter:
► PubMed

Bei diesem Verfahren wird der Tumor in einem Stück, ohne direkten Tumorkontakt mit dem Resektionsinstrument, aus der Blase entfernt. Dies bietet den Vorteil, dass der Tumor nicht wie üblich in kleinere Fragmente zerlegt werden muss, die dann ihrerseits frei in der Blase umherschwimmen können. Zudem ist eine genauere pathologische Beurteilung des entfernten Gewebes möglich, da sämtliche Strukturen des Tumors erhalten bleiben und eine Orientierung des Befundes zur Tumorbasis ermöglicht wird. So wird es für den Pathologen erst möglich festzustellen, ob der Tumor lokal, komplett und ohne Reste entfernt werden konnte.

Diese Methode ist allerdings auf eine gewisse Tumorgröße beschränkt, da das Gewebe am Ende der Operation in einem Stück über die Harnröhre aus der Blase geborgen werden muss. Nachdem die Harnröhre nur einen begrenzten Durchmesser hat, ist es in der Regel nicht möglich Tumore mit einer Größenausdehnung über 2 cm mit diesem Verfahren zu behandeln. Sprechen Sie uns gerne auf die für Sie individuell zur Verfügung stehenden Operationsmöglichkeiten an.

En bloc Resektion eines ca. 2,5 cm großen papillären Tumors

En bloc Resektion eines ca. 2,5 cm großen papillären Tumors

Allgemeine Therapieverfahren beim Harnblasenkarzinom

Therapie des nicht-muskelinvasiven Tumors
Die Transurethrale Resektion der Harnblase (TUR-B)

Eine transurethrale Resektion der Harnblase (hier wird der Tumor über die Harnröhre mit Hilfe einer Elektroschlinge entfernt) wird bei Nachweis eines Tumors in der vorangegangenen Blasenspiegelung oder sicherem sonographischem Verdacht durchgeführt. Bei diesem Verfahren wird zum einen Gewebe zur genauen Diagnosestellung gewonnen und zusätzlich die Tiefenausdehnung und die Aggressivität eines Tumors bestimmt.

Zum anderen stellt die TUR-B die primäre Therapie eines oberflächlich wachsenden Harnblasentumors dar. Hierbei wird versucht alle nicht-muskelinvasiven Tumoren in der Harnblase zu entfernen.

TUR-B - Die Operation in Kürze

Vorbereitung zur Operation:

Bei einem Eingriff unter Narkose kann man normalerweise bis 24 Uhr am Vortag wie üblich essen und trinken; empfehlenswert ist ein leichtes Abendessen. Am Tag vor der Operation wird keine besondere Desinfektion des Eingriffsortes vorgenommen; dies geschieht im OP-Saal kurz vor der Operation.

Narkose:

Der Eingriff dauert je nach Ausprägung des Tumorbefalls der Blase in der Regel zwischen 20 und 40 min, so dass die Narkose für diesen Zeitraum berechnet wird.

Nach dem Eingriff:

Nach dem Eingriff wird in der Regel ein Katheter gelegt welcher je nach Befundgröße für 1 bis 2 Tage belassen wird. Zudem wird während der Operation entschieden, ob eine sog. Frühinstillation mit einem Chemotherapeutikum in die Harnblase, durchgeführt werden soll. Nach dem Eingriff werden Sie wieder zurück auf die Station gebracht und können nach einer gewissen Zeit schon wieder normal essen und trinken.

Die komplette Entfernung der Harnblase (radikale Zystektomie)

Bildgebende Verfahren vor Durchführung einer Zystektomie

Wird im Rahmen der TUR-B bzw. nach einer Blasenbiopsie muskelinvasiver oder auch therapieresistenter nicht-muskelinvasiver Tumor diagnostiziert, werden von den aktuellen Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) bestimmte, bildgebende Untersuchen empfohlen.

Dieses sog. Stagings (Stadieneinteilung) ist die Bestimmung der Tumorausbreitung. Von Interesse sind die örtliche Tumorausbreitung, die Detektion von möglichen Lymphknotenmetastasen, sowie die Detektion einer Metastasierung in andere Organe (z.B. Leber, Lunge, Knochen etc.).

In der Regel wird ein Computertomogramm mit Kontrastmittel bzw. eine Magnetresonanztomographie mit Kontrastdarstellung empfohlen. Für Patienten mit histologisch bestätigtem, muskelinvasivem Tumorwachstum sollte ein CT des Thorax (Lungenbereich), des Abdomens (Bauchraums)  und des kleinen Beckens mit urographischer Darstellung des kompletten Harntraktes durchgeführt werden.

Formen der Harnableitung

Neoblase:

Eine Ersatzblase aus Darm mit Anschluss an die ursprüngliche Harnröhre kommt der natürlichen Harnblase, in Bezug auf die Speicher- und Entleerungsfunktion, am nächsten und ist mittlerweile weit verbreitet.

Eine Neoblase kann nicht angeboten werden, wenn der Tumor bereits die Harnröhre befallen hat bzw. eine  entzündliche Darmerkrankung vorliegt, die die Verwendung eines größeren Darmstücks verbietet.

Nach Entfernung der Harnblase übernimmt die Neoblase die Speicherfunktion für den Urin, wobei die Ersatzblase an die Stelle der ursprünglichen Harnblase gesetzt und dann mit der Harnröhre verbunden wird. Der Urin kann nun wie bisher über die Harnröhre abgegeben werden.

In den ersten Wochen nach der Operation ist das Volumen der neuen Blase noch relativ eingeschränkt, so dass es noch zu Urinabgang bei nur geringer Speicherkapazität der Blase kommen kann. Nach kurzer Zeit sollte jedoch das System so gut eingespielt sein, dass eine gute Kontinenz am Tage und später auch in der Nacht erreicht werden kann.

Fernsehbeitrag ZDF – 18.03.2020
Thema: Ersatz für die Blase

Ileumconduit:

Die Anlage eines Ileumconduits gilt als eine etablierte Option der Harnableitung, die mit hervorragenden Ergebnissen seit über 60 Jahren praktiziert wird. Die Entscheidung für die Anlage eines Ileumconduits wird gehäuft bei älteren männlichen und weiblichen Patienten getroffen, bei denen ein weit fortgeschrittener Tumor vorliegt oder eine simultane Urethrektomie (Entfernung der Harnröhre) bei Befall der Harnröhre notwendig ist. Auch eine primäre Inkontinenz bzw. auch der Wunsch des Patienten nach dieser Form der Harnableitung kann den Ausschlag für die Wahl dieses Verfahrens geben.

Für das Ileumconduit wird ein ca. 12-15 cm langes Dünndarmstück ausgeschaltet, und die Harnleiter werden auf einer Seite entweder gemeinsam oder einzeln in den stillgelegten Darmteil eingenäht. Der durchtrennte Darmanteil wird wieder zusammengefügt und dient nun weiterhin der Stuhlpassage.

Das nach außen gewandte Ende des Darms, in welchen die Harnleiter eingesetzt werden, wird im Unterbauch durch die Haut ausgeleitet. Dieser Darmanteil dient nun als Verbindung zwischen Harnleiter und Haut. Nun kann ein Beutelsystem auf die Haut geklebt werden, welches den Urin sammelt und vom Patienten in entsprechenden Intervallen geleert und gewechselt werden muss.

Pouch:

Eine weitere Option der Harnableitung ist ein katheterisierbarer Pouch; dabei handelt es sich um ein aus Darmteilen geschaffenes Urin-Reservoir, das über ein dicht schließendes Stoma im Unterbauch oder im Bauchnabel mündet. Der Pouch wird in gewissen Intervallen vom Patienten mittels eines Katheters entleert. Diese Form der Harnableitung kommt gerade für Patienten in Frage, bei denen der Wunsch nach einem kontinenten Stoma besteht, wobei ein primärer Anschluss einer Neoblase an die eigene Harnröhre nicht möglich ist.

Die neoadjuvante Chemotherapie vor Zystektomie

Neoadjuvante Chemotherapie

Die neoadjuvante Chemotherapie vor radikaler Zystektomie beinhaltet eine cisplatinbasierte Polychemotherapie, die nach der Erstdiagnose eines muskelinvasiven Urothelkarzinoms unabhängig vom Lymphknotenstatus verabreicht wird. Im Anschluss an die Chemotherapie erfolgt eine radikale Zystektomie und/oder eine Radiotherapie.

„Aktuelle Empfehlungen aus der aktuellen S3 Leitlinie“:

Insgesamt führt eine neoadjuvante Chemotherapie zu einer Reduktion der Gesamtmortalität von 14% nach 6,4 Jahren. Es gibt keine bevorzugte Kombination von Chemotherapeutika und es sollten 3-4 Zyklen gegeben werden. Nur für Kombinationstherapien mit Cisplatin gibt es belastbare Daten, also nur für Patienten mit guter Nierenfunktion (GFR > 60 ml/min/1.73 qmKO) und mit gutem Allgemeinzustand (ECOG 0-1)“

S3 Leitlinie Blasenkarzinom

Adjuvante Chemotherapie

Die adjuvante Chemotherapie ist definiert als eine Chemotherapie, die nach Zystektomie und histopathologischer Diagnose eines organüberschreitend muskelinvasiven (>pT3) oder vom T-Stadium unabhängig pathologisch regionär lymphatisch metastasierten (pN1) Urothelzellkarziom der Harnblase indiziert ist.

Insgesamt führt eine adjuvante Chemotherapie zu einer moderaten Reduktion der Gesamtmortalität. Es gibt keine bevorzugte Kombination von Chemotherapeutika und die Zahl der Zyklen ist nicht festgelegt. Wichtig ist hingegen eine Kombination mit Cisplatin, so dass für eine adjuvante Chemotherapie nur Patienten mit guter Nierenfunktion (GFR > 60 ml/min/1.73 qmKO) und mit gutem Allgemeinzustand (ECOG 0-1) in Frage kommen.

Zitat S3 Leitlinie Blasenkarzinome

Therapie des fortgeschrittenen lokal nicht begrenzten Tumors

Bei Vorliegen eines derartigen Tumors erfolgt die individuelle interdisziplinäre Therapieplanung gemeinsam mit den Onkologen, Strahlentherapeuten, Pathologen und Urologen in einem speziellen Tumorboard, um die best mögliche Therapieoption anbieten zu können.

Gerne können Sie sich zur Einholung einer Zweitmeinung in unserer interdisziplinären Sprechstunde vorstellen.

En bloc Resektion eines ca. 2,5 cm großen papillären Tumors

En bloc Resektion eines ca. 2,5 cm großen papillären Tumors