Assistierter Suizid und Sterbehilfe: Ein Blick auf die Zahlen und die Debatte

(30.04.2024)

Die Diskussion um Suizid und Sterbehilfe ist komplex und berührt moralische, ethische und rechtliche Fragen. In drei aufschlussreichen Vorträgen bei einer Fortbildungsveranstaltung im Münchner Krankenhaus der Barmherzigen Brüder gaben Experten tiefe Einblicke in dieses Thema und betonten die dringende Notwendigkeit von Prävention.

Ein Blick auf Gesetzgebung und Prävention

Dr. Nina Hackelsberger, Oberärztin und Fachärztin für Innere Medizin/Palliativmedizin sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin, beleuchtete in ihrem Vortrag das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Paragrafen 217 STGB. Sie diskutierte die Folgen dieses Urteils für die Gesetzgebung und hob dabei die Bedeutung der Suizidprävention hervor. Dr. Hackelsberger analysierte verschiedene Gesetzesentwürfe und unterstrich die Notwendigkeit einer klaren Regelung des assistierten Suizids, um vulnerable Patientengruppen, vor allem Menschen mit Depressionen und betagte Mensche, zu schützen. Abschließend stellte sie Maßnahmen zur Stärkung der Suizidprävention in Deutschland vor, die gezielt auf gefährdete Zielgruppen abzielen, da Suizidprävention im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland unterentwickelt ist.

Die Studie zu assistierten Suiziden in München

Dr. med. Bernadette Suttner, Fachärztin für Innere Medizin/Palliativmedizin und Anästhesie, präsentierte eine Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsreferat München und dem Institut für Rechtsmedizin durchgeführt wurde. Die Studie untersuchte assistierte Suizide in München über einen Zeitraum von drei Jahren. Die Ergebnisse waren alarmierend: Ein kontinuierlicher Anstieg der assistierten Suizide wurde verzeichnet, wobei chronische Erkrankungen und Schmerzen häufige Motive waren. Die fehlende palliativmedizinische Behandlung und die unklaren Prozeduren bei der Sterbehilfe wurden ebenfalls herausgestellt.

Wie sieht die Sterbehilfepraxis in anderen Ländern aus?

Prof. Dr. med. Marcus Schlemmer, Chefarzt der Klinik für Palliativmedizin, beleuchtete die Praxis der Sterbehilfe in verschiedenen Ländern, insbesondere in der Schweiz und den Niederlanden. In der Schweiz hat die Sterbehilfeorganisation EXIT eine beachtliche Mitgliederzahl erreicht. Dies sei ein Hinweis darauf sei, dass viele Menschen die Sicherheit benötigen, in einer schweren Situation Hilfe zu erhalten. In den Niederlanden ist die Praxis der Euthanasie weit verbreitet, wobei die Anzahl der Tötungen auf Verlangen bedenklich angestiegen ist.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Vorträge unterstrichen die dringende Notwendigkeit einer klaren Regulierung und Prävention im Bereich der Sterbehilfe. Es müsse ein stärkerer Fokus auf die palliativmedizinische Versorgung, dem Ausbau von Strukturen, adäquate Therapie bei psychischen Erkrankungen und ein leichterer Zugang zu einer guten Symptomkontrolle gelegt werden. Suizidprävention sollte eine prioritäre politische Aufgabe sein, um Menschen in vulnerablen Situationen zu unterstützen und ihnen Alternativen zum Suizid aufzuzeigen.

Eine persönliche Perspektive

Die Vorträge regten auch dazu an, über die persönliche Verantwortung und die Bedeutung der Freiverantwortlichkeit nachzudenken. Suizidgedanken sind oft flüchtig und können durch Unterstützung und Empathie abgemildert werden. Es ist wichtig, Menschen in Krisensituationen ernst zu nehmen und Hilfe anzubieten, um ihnen dabei zu helfen, einen würdevollen Weg aus ihrer Verzweiflung zu finden.

Insgesamt zeigten die Vorträge die Komplexität des Themas Suizid und Sterbehilfe auf und betonten die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes, der die Bedürfnisse und Rechte der Betroffenen respektiert und unterstützt.

Es ist an der Zeit, dass Gesellschaft und Politik sich diesem Thema mit Sensibilität und Verantwortungsbewusstsein stellen.